SCRUM Retrospektiven souverän moderieren und erfolgreich durchführen

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Retrospektiven sind in aller Munde, da sie ein gutes Mittel zur Problemlösung in Projekten, innerhalb von Teams sowie zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern ist. Im folgenden Text lernst du Regeln, Tipps und Hilfestellungen kennen, damit deine nächste Retrospektive richtig erfolgreich wird.

Was ist eine Retrospektive?

Die Retrospektive ist eine Methodik zur kontinuierlichen Verbesserung von Teams, Abteilungen oder Projektbeteiligten. Eine starke Verbreitung erfuhr die Retrospektive über die agile Community, da sie ein Teil des SCRUM Frameworks ist.

Im SCRUM Prozess bildet sie den Abschluss eines Sprints und wird dazu genutzt, die aussichtsreichsten und besten Verbesserungen für den kommenden Sprint zu ermitteln.

In der klassischen Projektwelt spricht man in dem Zusammenhang oft vom Lessons Learned. Dieses wird in der Projektwelt am Ende eines Projekts durchgeführt. Es dient dazu, Best Practices und Erkenntnisse ins nächste Projekt zu übernehmen.

Im Grunde genommen wollen beide Methoden das gleiche – eine Verbesserung in der Arbeitsweise und Zusammenarbeit. Deshalb werde ich im folgenden von der Retrospektive sprechen. Alle Anregungen und Vorgehensweisen kann man 1:1 für das Lessons Learned übernehmen.

Was ist das Ziel einer Retrospektive?

Das Ziel der Retrospektive ist die ständige Verbesserung. Es bedient sich dem klassischen Inspect & Adapt Prinzip. Beobachte dein Verhalten in der Vergangenheit, analysiere deine Fehler und Schwachstellen und verbessere dich an den dringlichsten Punkten.

Wichtig: In einer guten Retrospektive konzentriert man sich auf die wichtigsten und von den Teilnehmern als am kritischsten betrachteten Themen.

Wie lange sollte eine Retrospektive dauern?

Ein gutes Maß für eine Retrospektive sind 90 bis 120 Minuten. Bei weniger als 90 Minuten passiert es häufig, dass viele Themen gesammelt aber nur wenige besprochen werden. Dauert die Retrospektive mehr als 120 Minuten, dann kann es sein, dass deine Teilnehmer ermüden und es zu keinen Lösungen kommt. Hier solltest du genügend Pausen einplanen.

Wie ist der Ablauf einer Retrospektive?

Die 5 wichtigsten Agendapunkte einer Retrospektive

Der Ablauf einer guten Retrospektive ist wie folgt:

  1. Einstieg / Begrüßung / Check In der Teilnehmer
  2. Themen sammeln
  3. Themen vorstellen
  4. Themen gruppieren
  5. Themen priorisieren
  6. Themen an Hand der Priorität besprechen
    1. Verständnis schaffen und Thema vorstellen
    2. Problempunkte herausarbeiten
    3. Lösungen erarbeiten
    4. Aktionen festlegen
  7. Ergebnisse und Handlungspunkte bestätigen

Mit dieser festen Agenda hast du ein gutes Grundgerüst, um eine produktive und ergebnisorientierte Retrospektive durchzuführen.

Welche Fragestellungen nutzt du in einer Retrospektive?

Mittels der richtigen Fragestellung kannst du gleich zu Beginn einer Retrospektive den Grundstein für deren Erfolg legen. Sie bestimmt die Richtung und den Fokus des Meetings.

Die folgenden Fragestellungen kannst du 1:1 in deinen Retrospektiven benutzen.

Was lief gut? / Was lieft nicht gut?

Retrospektive - Fragestellung Was lief gut und was lief nicht gut

Dieses einfache Format eignet sich gut wenn:

  • dein Team noch nie oder nur wenige Retrospektiven hatte
  • du ein möglichst breites Spektrum an Themen abfragen willst
  • der Zeitraum der Betrachtung nicht zu groß ist

Diese Frage schränkt die Teilnehmer nicht ein und fokussiert sich auf sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte.

Wichtig: Bitte deine Teilnehmer, auch positive Themen zu dokumentieren.

Was war gut? / Was hätte besser laufen können? / Was sollten wir anders machen?

Retrospektive - Was lief gut, was hätte besser laufen können, was sollten wir anders machen

Dieses Format ist eine Erweiterung der obigen Fragestellung. Neben den positiven und negativen Punkten werden hier die Teilnehmer aufgefordert, auch mal neue Dinge auszuprobieren.

Das Format eignet sich besonders wenn:

  • die Teilnehmer schon einige Retrospektiven gemacht haben und
  • du die Teilnehmer auf neue Ideen bringen willst

DAKI – Drop/Add/Keep/Improve

Retrospektive - Daki Format - Drop, Add, Keep, Improve

Das DAKI Prinzip steht für Drop (Weglassen), Add (Hinzufügen), Keep (behalten) und Improve (Verbessern).

Das Format eignet sich besonders wenn:

  • die Teilnehmer schon einige Retrospektiven gemacht haben
  • du ein bestehendes Verfahren oder Vorgehen hinterfragen möchtest

Eine Grafische Darstellung der Problematik

Um einen besseren Einstieg zu haben, eigenen sich oft auch Grafiken oder Zeichnungen. Beispielsweise ein Segelboot, welches an einem Anker festgehalten wird und auf eine Insel zusteuert.

Dadurch kann man die Fragestellung plastischer und greifbarer machen. Zu der Zeichnung kann man immer eine kleine Geschichte erzählen, so dass allen Teilnehmern klar ist, was das Ziel ist.

Dieses Format eignet sich gut wenn:

  • dein Team noch nie oder nur wenige Retrospektiven hatte
  • du eine spezifische Problematik besprechen willst

Futurespective – ein Blick in die Zukunft

Analog des Rückblickes kannst du auch in die Zukunft schauen. Dazu nimmst du eine Ziel oder Fragestellung in der Zukunft, wie einen Jahresausblick oder ein Projekt, und lässt das Team entsprechende Punkte sammeln und besprechen.

Eine ausführliche Beschreibung der Futurespektive findest du in diesem Artikel.

Wie kannst du Retrospektiven eingrenzen?

Möchtest du ein bestimmtes Problem dediziert besprechen? Oder ist seit der letzten Retrospektive schon sehr viel Zeit vergangen? Oder ist dies die erste Retrospektive? Dann ist es sinnvoll, Retrospektiven auf einen festen Bereich zu fokussieren und einzugrenzen. Dies kann über eine zeitliche oder eine thematische Eingrenzung passieren.

Thematische Eingrenzung einer Retrospektive

Manchmal reicht eine reguläre Retrospektive nicht aus, um eine Problematik oder ein Thema in seiner Gänze zu betrachten. Dann solltest du auf eine Thematische Eingrenzung setzen und das Retrospektiventhema vorher festlgen. Das hat folgende Vorteile:

  • deine Teilnehmer können sich schon vorher auf das Thema vorbereiten
  • du sparst dir die Zeit für die Themenfindung, Gruppierung und Priorisierung
  • du kannst dich voll und ganz auf das eine Thema konzentrieren und
  • du kannst für das Thema relevante Teilnehmer einladen

In der Agenda fallen also die Punkte „Themen sammeln“, Themen vorstellen“, „Themen priorisieren“ sowie „Themen gruppieren“ weg und du beginnst direkt mit der Problembesprechung.

Zeitliche Eingrenzung einer Retrospektive

Eine zeitliche Eingrenzung ist immer dann sinnvoll, wenn der zu diskutierende Zeitraum zu groß wird. Als Teilnehmer hat man dann oft das Gefühl, dass man gar nicht weiß, wo man wirklich anfangen soll. Es fehlen dann oft die Anhaltspunkte, um sich an die Themen und die Probleme in der Vergangenheit zu erinnern.

Einen Zeitraum kann man auf verschiedene Arten eingegrenzt werden, z.B. auf:

  • die letzten 2-4 Wochen bezogen,
  • einen Projektverlauf bezogen,
  • ein Ereignisablauf bezogen oder
  • mehrere Ereignisse bezogen

Profi-Tipp: Versuche für den zu besprechenden Zeitraum prägnante Ereignisse / Termine hervorzuheben. Gab es z.B. einen Release, einen Workshop, eine Kundeneskalation oder ähnliches. Konkrete Dinge helfen den Teilnehmern, sich zu erinnern und konkrete Themen und Probleme zu finden.

Wie sortierst, gruppiest und priorisierst du richtig?

Du hast jetzt von allen Teilnehmern die Themen und Probleme eingesammelt. Wie geht es jetzt weiter?

Im nächsten Schritt geht es um das Sortieren und Gruppieren der Punkte. Idealerweise sind alle gefundenen Punkte auf PostIts, so dass ein umhängen sehr einfach geht. Achte dabei auf folgende Dinge:

  • Themen, die einander ähneln, solltest du zusammenhängen
  • Duplikate solltest du entfernen
  • Für jede Gruppe solltest du eine treffende Überschrift finden

All diese Punkte musst du gemeinsam mit der Gruppe machen. Versuche nicht, selbst Themen zu verschieben oder zu entfernen. Frage immer die Gruppe, wo ein Punkt hin soll oder ob man diesen entfernen kann. Damit bekommst du den Rückhalt der Teilnehmer, denn es war ihre Entscheidung. Auch die Überschriften für die Themengruppen müssen von den Teilnehmern kommen. Es sind in erster Linie ihre Problem, nicht deine.

Die Priorisierung der Themen sollte dann an Hand der gefundenen Überschriften für die Gruppierung passieren. So lässt sich kein Teilnehmer davon leiten, dass bei einem Thema vielleicht 4 Zettel, bei dem anderen nur 2 Zettel hingen.

Priorisierungsmethoden gibt es viele, die einfachste ist das „Dot-Voting“. Hier erhält jeder Teilnehmer x Punkte, welche er auf die Themen verteilen kann. Die Gesamtpunktzahl je Thema entscheidet dann die Reihenfolge.

Wie löst du die Probleme in der Retrospektive?

Zu diesem Zeitpunkt sollte klar sein, welche die dringlichsten Themen und Probleme sind. Diese kannst du jetzt der Reihe nach abarbeiten. Es wird selten möglich sein, alle Themen zu besprechen. Durch die Priorität, welche du im vorherigen Schritt hergestellt hast, fängst du aber mit den für die Gruppe wichtigsten Punkten an.

Setzte für die Bearbeitung des Themas ein Zeitlimit. Timeboxing ist ein zentraler Punkt bei einer Retrospektive, um sich nicht in endlosen Diskussionen zu verlieren. Ideal sind ein Limit von 15 bis 20min. Ist die Zeit zu Ende, dann frage die Gruppe, ob noch Zeit ergänzt werden soll. Meine Empfehlung ist hier, in 5min Schritten Zeit dranzuhängen. Durch das regelmäßige Nachfragen am Ende des Zeitlimits wird den meisten Teilnehmern schnell klar, wie viel Zeit verbraucht wird. Auch lassen sich dadurch Endlosdiskussionen oder auch Wiederholungen des gesagten unterbinden.

Problemlösungsstrategien gibt es viele, die Schritte sind aber ähnlich:

  1. Definition des Problems, um die genaue Problematik zu verstehen
  2. Ursachen des Problems analysieren
  3. Vorschläge zur Lösung erarbeiten
  4. Lösungsvorschläge bewerten
  5. Lösungsvorschlag auswählen

Wichtig ist hierbei, dass du die Reihenfolge einhältst. Wir neigen alle dazu, schnell in Lösungen zu denken. Dadurch können aber Punkte und Ursachen übersehen werden, so dass das eigentliche Problem nicht wirklich gelöst wird.

Wie hältst du die Ergebnisse der Retrospektive nach?

Die Lösung ist gefunden. Wie sorgst du jetzt dafür, dass die Lösung auch umgesetzt wird?

Als Erstes solltest du dafür sorgen, dass alle Lösungsvorschläge einen Verantwortlichen und einen Termin haben. Der Verantwortliche muss dabei nicht derjenige sein, welcher die Lösung umsetzt. Er ist aber verantwortlich, dann jemand die Lösung umsetzt. Der Termin muss auch nicht der Umsetzungstermin sein. Es kann auch ein Termin sein, bis zu dem ein Umsetzer gefunden wird.

Als Zweites sollten die Ergebnisse auch nach der Retrospektive sichtbar sein. Folgende Möglichkeiten bieten sich dir:

  • Gibt es einen Teamraum, dann mache die Aufgaben dort sichtbar
  • Nutzt ihr bereits ein Todo-Board und plant ihr eure Woche, dann ordne die Aufgaben an dieser Stelle ein
  • Klassisch kannst du die Aufgaben auch Protokollieren und an alle Teilnehmer versenden

Als Drittes solltest du bei der folgenden Retro einen Zeitslot einplanen, um den Stand der Lösungsideen aus der letzten Retro zu besprechen. Der alleinige Agendapunkt hilft schon oft, dass Aufgaben aus der Retrospektive nicht im Alltagsgeschehen untergehen.


Zum Weiterlesen:

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